Herstellung einer Feldflasche

Die Konstruktion sowie die Proportionen dieser Feldflasche orientieren sich grob an Funden in London, die auf die Zeit von 1350-1400 datiert wurden. Bei der Größe wurde ein Fassungsvermögen von 1,7 l als Minimum angesehen, da sie für die militärischen Zwecke der schweren Infanterie ausgelegt sein soll. Aus diesem Grund wurde auch diese zylindrische, kompakte Form der Feldflasche gewählt, da berwelf annimmt, dass sie für den Soldaten wesentlich praktischer ist, als die scheinbar aus zwei Teilen genähte Form, die z. B. in der Heidelberger Handschrift (um 1320) in Verbindung mit dem Adel abgebildet ist.

Die Fotos der Funde sowie Idee und Anleitung wurde von Hippodromus entnommen.

Für die Herstellung wurden etwa 8 Stunden benötigt, das Material hat ungefähr 18,- Euro gekostet (Leder: 10,- Euro, Bienenwachs: 4,- Euro, Vogelsand: 1,- Euro, Schnalle: 3,- Euro; außerdem gewachstes Garn).

verwendete Materialien: ca. 2 mm dickes Leder (Schwein), gewachstes Garn, 500g reines Bienenwachs, geschmiedete Schnalle, kleines Stück Holz für Stopfen.

Reines Bienenwachs erhält man beim Imker oder beim Imkereibedarf; man benötigt weitaus weniger als angegeben, doch sollte man etwa 500g verwenden, da sich das Wachs so gleichmäßiger verteilen läßt.

verwendetes Werkzeug: Cutter, Ahle, kleine Zange, Lochzange, 2 Stopfnadeln (stumpf und stabil), Topf, ca. 1,5 kg Vogelsand, Trichter, Pinsel (für das Wachs), Herd/Backofen.


Die mittelalterlichen Feldflaschen

Londonfund, 1350-1400.

Londonfund, 1350-1400.

Heidelberger Handschrift, um 1320.


Die Herstellung einer Feldflasche
1. Schablonen anfertigen und Leder zuschneiden. Zunächst wurden 2 Schablonen angefertigt: Die erste kreisförmige mit dem Durchmesser d und eine annähernd rechteckige mit einer Kantenlänge von Pi*d (Kreisumfang). Die genaue Vermaßung der Schablonen ist nebenstehend angegeben.
Dann wurden die Schablonen auf das Leder übertragen und mit einem Cutter ausgeschnitten; die Kreisschablone zweimal ausschneiden, so dass man insgesamt 3 Teile hat.
2. Kreisstücke annähen. Das Leder wurde mit wasser getränkt und feucht vernäht, damit es sich besser anpaßt; nach dem Nähen schrumpft es etwas beim Trocknen zusammen und dichtet so die Naht weiter ab.
Es wurde jeweils ein Kreisstück an die Längsseite des großen Stücks im Abstand von etwa 1cm zum Rand angenäht; angefangen (und geendet) wurde an einem Ende der Längsseite.
Zum Nähen wurde mit einer Ahle vorgestochen, aber mit nur möglichst kleinen Löchern, und die Nadeln mit einer kleinen Zange durchgezogen. Es wurde im Sattlerstich genäht (2 Nadeln und "überkreuztes" Nähen).
3. Rechteckstück zusammennähen. Auch oben wurde die Feldflasche zusammengenäht, wobei einmal außen und innen entlang des "Flaschenhalses" genäht wurde (siehe links)
Zum Schluß wurden die Garnenden gut verknotet und an der Seite, wo die drei Lederlagen aufeinanderstoßen, versenkt (und zum Abdichten benutzt, denn hier entsteht das größte Loch; siehe rechts).
4. Mit Sand füllen. Das Leder wurde mit Wasser getränkt und der zylinderähnliche Körper gut mit Sand gefüllt, wobei sorgfältig nachgestopft wurde, um möglichst viel Sand hineinzubekommen. In den Hals der Feldflasche wurde ein dickes Stück Rundholz gesteckt, um ihn bereits in die richtige Form zu bringen.
5. Kanten bearbeiten & Löcher schneiden. Alle Kanten wurden nun gleichmäßig geschnitten und gebrochen (nicht zu dicht an die Naht kommen!). Außerdem wurden die Löcher für den Tragegurt mit Lochzange und Cutter ausgeschnitten.
Alle Lederarbeiten sollten vor dem Härten ausgeführt werden - danach ist das Leder spröde und hart!
6. Leder härten. Die mit Sand gefüllte Feldflasche wurde nun für etwa 5 Minuten in einen Topf mit heißem (nicht kochendem!) Wasser gestellt und anschließend in einen vorgeheizten (!) Backofen mit etwa 60°C gut durchgetrocknet (dauerte etwa 2 Stunden); hierbei wurde die Flasche mehrmals auf eine andere Seite gedreht.

Anm.: Die Temperatur des Wassers läßt sich z. B. einstellen, indem man 4 l Wasser zum Kochen bringt und 2 l kaltes Wasser (RT) hinzufügt - dabei den Topf vom Herd nehmen. (Dank an Josef)
Damit das Leder im Backofen an den Kontaktflächen zum Rost nicht verbrennt, legt man am besten ein Stück Holz und vielleicht ein bißchen Backpapier unter.

7. Sand entfernen. Als die Flasche (und der innen befindliche Sand) gut durchgetrocknet und schließlich abgekühlt war, wurde der Sand wieder sorgfältig entfernt.
8. Mit Bienenwachs ausgießen. Die Feldflasche wurde nochmals in den Backofen bei 80°C erwärmt, um letzte Wasserspuren zu entfernen und das Leder zu erhitzen.
Das Bienenwachs wurde erwärmt, bis es vollständig verflüssigt war. Jetzt wurde die Feldflasche mit dem heißen Wachs gefüllt, die Öffnung mit etwas Backpapier o. ä. gut abgedichtet, die Flasche kurz geschüttelt und das Wachs wieder ausgegossen.

Achtung: Das heiße Wachs spritzt aus vielen Nähten; also auf Haut, Kleidung und Umgebung aufpassen!

Das Wachs wurde etwa 10 Minuten lang abgekühlt, nochmals ausgeschüttelt, dann wieder abgekühlt, ausgeschüttelt usw. nach dem vierten Durchgang war die Flasche vollständig dicht. Anschließend wurde die Flasche auch von Außen dünn mit dem heißen Bienenwachs bestrichen (dadurch wurde das Leder sehr dunkel).

9. Zum Schluß wurde noch ein Stopfen geschnitzt sowie ein Trageriemen aus Leder geschnitten und angenäht.