Zuzug von Siedlern in den Berliner Raum bis 1300.

Die Herkunft der Berliner

Irgendwann in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts: Albrecht der Bär, aus dem Geschlecht der Askanier, stößt westlich in slawisches Gebiet vor und leitet damit die Eroberung des heutigen Brandenburgs ein - dieser Krieg wird später Deutsche Osterweiterung genannt. Die neu eroberten Gebiete, darunter auch der heutige Berliner Raum, sind für deutsche Verhältnisse dünn besiedelt - auch durch die schweren Kämpfe in dieser Region. Die einheimische, slawische Bevölkerung betreibt Ackerbau nur im kleinen Maßstab und die Wälder sind dicht und undurchdringlich - sie ähneln eher den heutigen Urwäldern - durchsetzt mit sumpfigen Gebieten. Schnell werden Siedler nach Brandenburg geholt, um Sümpfe trocken zu legen, Wälder zu roden und Felder zu bestellen... aber woher stammen diese Leute - insbesondere jene, die sich im Berliner Raum niederlassen?
Die "Berliner Urbevölkerung" um 1300 läßt sich hauptsächlich auf vier Volksgruppen zurückführen:

1. Flämische Siedler. Pfarrer Helmold von Bosau (am Plöner See in Holstein) berichtet im 12. Jahrhundert, dass Albrecht der Bär zur Besiedlung der neu eroberten Gebiete in Brandenburg Flamen anwirbt. Untermauert wird dies durch eine altberliner Familie namens "Brügge", die erwähnt wird.

2. Siedler vom Niederrhein. Der erste namentlich bekannte Stadtschulze von Berlin, Marsilius, entstammt einer Familie, die in der Kölner Gegend beheimatet war. Dies läßt den Schluß zu, dass auch ein Zuzug aus dieser Gegend stattfand; dieses will zumindest auch der Hofrichter Johannes von Buch in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts wissen (siehe 3.). Wahrscheinlich waren sie es, die den Namen "Cölln" aus ihrer Heimat Köln mitbrachten.

3. Siedler aus den alten askanischen Gebieten. 1288 wird der Berliner Stadtschreiber, Johannes Barbeye, genannt; er stammt zweifellos aus Barbey, einem Ort, an dem die Saale in die Elbe fließt. Es handelt sich um das Gebiet, das die Askanier bereits vor ihrem westlichen Vorstoß innehatten. Auch der Hofrichter Kaiser Karl IV., Johannes von Buch, nennt in der 2. Hälfte des 14. Jhr. - wohl aufgrund damals kursierender Erzählungen - diese Gegend als Zuzugsgebiet: "diese (kamen) von Swawen, jene vom Rhine." Dass es sich beim "Rhine" um den Rhein handelt, scheint klar, doch das "Swawen" bezeichnet nicht das heutige Schwaben, sondern ein Gebiet nördlich des Harzes, in dem sich ein Teil des germanischen Stammes der Sweben niederließ: das Stammland der Askanier.

4. Slawische Urbevölkerung. In den Stätten, aber vor allem in den Dörfern war noch ein Teil der slawischen Bevölkerung seßhaft, was sich in vielen Urkunden abzeichnet; im Berliner Stadtbuch z. B. finden sich Einträge wie "ein Wende (das ist ein Slawe) aus Luckau" oder "ein Wende aus Beeskow". Auch das Auftreten der Namen Slawe oder Blawe (heute noch als Schlawe oder Schlabe erhalten) bei Berliner und Cöllner Bürgern weist auf diesen Ursprung hin. [Müller, S. 221]
An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts Deutsche und Slawen gleichgestellt waren, d. h. die gleichen Rechte genossen. Dies ist z. B. für das Jahr 1247 bei der Gründung der Neustadt Salzwedel dokumentiert. [Müller, S. 182]